Der Keim des Kunstlieds
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts kommen Studenten nach Leipzig und singen in Kaffeehäusern bis tief in die Nacht hinein. Dabei entsteht die Liedersammlung „Singende Muse an der Pleiße“, herausgegeben von Johann Sigismund Scholze unter dem Pseudonym Sperontes.
Um die Jahrhundertmitte erfreuen sich seine studentischen Lieder großer Beliebtheit. Sie beschreiben das ausgelassene Leipziger Lebensgefühl, kreisen um Liebe und Wein, um Jagd und Natur, um die Segnungen des Junggesellenlebens und Lebenslust ganz allgemein. Ein riesiger Fundus origineller Texte und hinreißender Melodien. Und eigentlich der Keim dessen, was später als deutsches Kunstlied in die Musikgeschichte eingehen sollte.
Tenor Martin Petzold und Sopranistin Ulrike Staude haben sich mit Großmeister Simon Standage an der Violine, Ulrich Wedemeier mit Lauten und Gitarren, Ludger Rémy an Cembalo und Fortepiano und Thomas Fritzsch an der Gambe an dieser Sammlung gerieben und einen Querschnitt erarbeitet, der alle Nuancen dieser verspielten Liedkunst für den Hausgebrauch spiegelt.
Aufführungsort am Dienstagabend: der große Saal des Bundesverwaltungsgerichts. Das passt. Er liegt direkt an der Pleiße, und zwischen den holzverkleideten Wänden füllt die Musik auch atmosphärisch den Raum. Die mit sicherem Stilempfinden bedienten historischen Continuo-Instrumente sorgen für klangliche Abwechslung und für den Rest der komödiantisch begabte, inhaltlich seine Bögen spannende Petzold und die innig ungezierte Staude.
Die Aufführung ist ausverkauft, der Jubel erheblich. Und darum wird es im nächsten Jahr weitere Aufführungen geben.
Ilse Hagerer
© Leipziger Volkszeitung, Donnerstag, 11. August 2005