Lockere Lieder

Lauter laute Lieder zur Laute

Der Ärger hat Tradition. In Pfarrer Wolffs Revier rund um die Thomaskirche wurde schon im 18. Jahrhundert das „schändliche Sauffen, Tumultiren und Schreyen derer Studiosorum“ beklagt. Vor allem die „Schausereyen und Bacchanalien“ wurden beargwöhnt, zumal aus den Türen „Schand-Lieder nach der Geistlichen Lieder Melodeyen“ drangen. Auf der anderen Seite waren Kaffeehäuser und -gärten bevorzugte Auftrittsorte der ebenfalls studentischen Collegia musica.

Dass beide Seiten der Medaille nur gemeinsam glänzten, belegt die Liedersammlung „Singende Muse an der Pleiße“, vom Jura-Studenten Johann Sigismund Scholze zusammengetragen und 1736 unter dem Pseudonym Sperontes in Leipzig veröffentlicht. Die Sangeslust hat nachgelassen. Darum sollen in einem „Dokumentations- und Konzertprojekt“ die lockeren Lieder „auf Kosten der lustigen Gesellschaft“ wieder zu hören sein.

Im Sitzungssaal des Bundesverwaltungsgerichts wird heute die Wiege der Leipziger Orchesterkultur zum Schaukeln gebrach – mit Sopranistin Ulrike Staude und Tenor Martin Petzold. Ulrich Wedemeyer (Lauten und Gitarren), Thomas Fritzsch (Cello, Viola da Gamba, Basse de Violon), Ludger Rémy (Cembalo, Orgel, Fortepiano) und Simon Standage (Violine) begleiten diese konzertante Uraufführung auf historischen Instrumenten. Die Lieder besingen die Liebe, den Wein, die Jahreszeiten, den Fischfang oder das Junggesellentum und scheuen auch nicht galante Schäferpoesie.

Das „Sauffen, Schreyen und Tumultiren“ soll sich aber in Grenzen halten.

-nina

© Leipziger Volkszeitung, Dienstag, 9. August 2005

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