Blüthner-Preisträgerkonzert

17. Juni 2007

Juliana Steinbach (Klavier)
Guillaume Martigné (Violoncello)

Blüthner-Preisträgerkonzert

Ludwig van Beethoven,
Zwölf Variationen über „Ein Mädchen oder Weibchen“ aus Mozarts „Zauberflöte“ für Klavier und Violoncello F-dur op.66

Johannes Brahms,
Sonate für Violoncello und Klavier Nr. 2 F-dur op.99

Dimitri Schostakowitsch,
Sonate für Violoncello und Klavier d-moll op.40

Camille Saint-Saens,
Le Cygne für Violoncello und Klavier, aus: Le Carneval des Animaux

Gabriel Fauré,
Après un rêve für Violoncello und Klavier op.7 Nr. 1

Streben nach Logik

Streben nach Logik  –
Ein Wagnis: „Meistersinger“ konzertant im Leipziger Schauspielhaus

Wagneropern konzertant auf die Bühne zu bringen, ist gewiss nicht neu, wenngleich keinesfalls selbstverständlich. Doch während sich die aktuelle „Ring“-Aufführung durch das Rundfund Sinfonieorchester Berlin auf Ausschnitte – und diese auf mehrere Abende verteilt – beschränkt, zielten die „Meistersinger“ am Dienstag im Leipziger Schauspielhaus auf eine musikalisch adäquate und ungekürzte Produktion. Ein Wagnis, denn viereinhalb Stunden lang eine Musik zu bieten, die geradezu nach Bühne ruft, musiziert von einem Ensemble, dem gerade einmal drei Probentage zur Verfügung standen, verlangt ein Maximum an Konzentration und Ausdauer.

Zu danken ist der Erfolg des Abends in erster Linie Universitätsmusikdirektor David Timm, der nach dem „Fliegenden Holländer“ von 2005 nun die zweite Wagneroper konzertant aufführte und dabei nicht versäumte, die mächtige Partitur von der Patina früherer Interpretationen zu befreien. Timm mistet aus, schmirgelt pastöse Ablagerungen wie übertriebene Temposchwankungen und Crescendi herunter. Was bleibt, was wirklich in der Partitur steht, strebt nach Transparenz, innerer musikalischer Logik. Da werden barocke Elemente hörbar, wenn David, der Lehrbube des Hans Sachs, den Edlen Stolzing im Meistergesang unterrichtet. Oder in den fugierten Chorpartien, den Tempowechseln zwischen gerad- und ungeradzahligem Takt.

Timms Zeichengebung ist dabei unmissverständlich und selbst für den weit auf der Hinterbühne platzierten Universitätschor gut zu verfolgen. Tribut an die Beschaffenheit der Akustik: Der Chor wurde über Mikrofone verstärkt. Eine durchaus sinnvolle Maßnahme, zumal sparsam eingesetzt und sehr gut ausgesteuert. So blieb der Eindruck eines ganzheitlichen Klangbildes gewahrt.

Hervorragendes leistete das Mendelssohn-Orchester um Konzertmeister Andreas Hartmann. Erstaunlich, wie homogen der Orchesterklang schon das grundständige C-Dur des Vorspiels auseinanderfaltet, vereint doch das Ensemble wie in musikalischer Ökumene Musiker aus mehreren Orchestern Mitteldeutschlands. Faszinierend die lustvolle Disziplin, mit der sie die sinfonischen Vor- und Zwischenspiele ausmusizieren, wie sie hier den ganz starken, voluminösen Orchesterklang aufbauen und an anderer Stelle geradezu kammermusikalisch filigran agieren.

Sehr zum Vorteil für die Gesangssolisten, die, in vorderster Reihe platziert, dadurch den richtigen Rückenwind erhalten. Und wahrhaft beflügelt bietet Wolf Matthias Friedrich die Partie des schelmischen Schusters Hans Sachs: ausdrucksstark, überaus anpassungsfähig und mit komödiantischem Witz singt er die berühmte Klopfszene im zweiten Akt, mit weittragender stimme den Wahn-Monolog im dritten. Gleich souverän agiert Martin Petzold als Lehrbube David, während der rabenschwarze Bass von James Moellenhoff kongenial zur Figur des Veit Pogner passt.

Dessen Tochter Eva (Nancy Gibson) fügt sich harmonisch in das Solistenensemble, tritt jedoch in den aufgeregten Szenen (Besuch bei Hans Sachs) akzentreich hervor. Überragend: Dietrich Greve als Sixtus Beckmesser. Diese Partie scheint ihm auf den Leib geschrieben, zumal jederzeit zu spüren war, wie stark er die szenischen Aspekte seiner Rolle verinnerlicht hat. Was sich von Matthias Aeberhard alias Walther von Stolzing leider nicht behaupten lässt. Irgendwie wirkte er auf ganzer Linie fehlbesetzt. Reihenweise verpatzte Einsätze, falsche Bühnenpositionen, eingefrorene Mimik und eine abgeschnürte Stimme, die über ein Mezzoforte ohne Quetschungen nicht hinauskommt: Mit diesem Auftritt hat er sich keinen Gefallen getan.

Für die größte Überraschung des Abends hingegen sorgt Kathrin Göring, die mit der Amme Magdalene zugleich ihr Wagner-Debüt gibt. Herrlich klar, zum Mitschreiben deutlich und dabei mit einer glutvoll durchpulsten warmen Stimme bietet die Sängerin der Oper Leipzig ihren Part. Das war nicht nur gut, das war exzellent.

Trotz der konzertanten Aufführung ist eine Rumpf-Regie unabdingbar. Etwa für die Auf- und Abgänge der Solisten, ebenso für die Klangregelung und die Textprojektionen mit Regieanweisungen Richard Wagners sowie für verschiedene Beleuchtungseinstellungen. Dass dies alles reibungslos klappt, darf man dem Regieteam um Philipp Neumann danken. Am Ende brandet langer, verdienter Applaus auf: Leipzig hat seinem Wagner zu dessen Geburtstag ein Ständchen nach Meistersingerart geschenkt.

Die Aufführung in Kooperation mit den Universitätsmusiktagen war zugleich Höhepunkt und Abschlussveranstaltung der Wagner Festtage des Richard Wagner Gesellschaft Leipzig 2013 e.V.; dessen Vorstandsvorsitzender Philipp Neumann ist zufrieden. Die Akzeptanz habe deutlich zugenommen, was die mit knapp 3000 stark gewachsene Zahl an Besuchern untermauere. Auch habe sich gezeigt, dass etwa die unkonventionelle Wagner Jazz Lounge sowie die durch Wortakrobat Paul Fröhlich humorvoll zelebrierte „Wagner-Dämmerung“ auf dem Fockeberg gangbare Wege sind, den in Leipzig geborenen Komponisten stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.  

Jörg Clemen

© Leipziger Volkszeitung, Donnerstag, 24. Mai 2007

Alles fügt sich, überrascht …

Alles fügt sich, überrascht, lässt aufhorchen

Leipziger Kammerorchester mit Mozart-Marathon
im Gericht

Veranstaltungen zum 250. Mozart-Geburtstag sind derzeit inflationär. Da ist das Bedürfnis nach einem ausgewachsenen „Marathon“, wie es ihn am Wochenende im Leipziger Bundesverwaltungsgericht gab, eher begrenzt. Doch im punkvollen Großen Sitzungssaal funktioniert das Unterfangen. Dort bietet das Leipziger Kammerorchester in unterschiedlichen Formationen Kammermusik, Konzerte und die Jupiter-Sinfonie. Die Atmosphäre ist familiär, pausierende Musiker setzen sich ins Publikum, charmante Details sind die Live-Fanfaren als Pausengong und Lutschbonbons gegen Hustenreiz am Eingang.

Jeweils sieben Stunden können Mozart-Freunde am Samstag und Sonntag im Gericht verbringen. Besucher, die Karten für den kompletten Marathon erworben haben, sind allerdings enttäuscht, dass das Programm an beiden Tagen identisch ist. Aber man kann es durchaus auch zweimal hören. Oder je nach Lust und Laune unterschiedliche Ausschnitte.

Nach Wenzel Fuchs‘ stürmisch gefeierter Interpretation des himmlischen Klarinettenkonzerts steht das Oboenquartett KV 370 auf dem Programm. Unter Führung von Henrik Wahlgren klinget es zart und munter; die virtuosen Oboenläufe perlen und glitzern. Und hier wie in den übrigen Interpretationen des langen Abends gilt: Die Musiker sind mutig. Mutig genug, frech zu artikulieren, Vibrato allenfalls gezielt einzusetzen. Franz Vorraber findet fürs Klavierquartett KV 478 mit dem Blüthner zwar nicht das allerbeste Instrument vor – der Sound ist leicht verwaschen. Dennoch spürt man die schlanke, differenzierte Artikulation. Von sotto voce bis kraftvoll reicht die Palette, die eine enorme Ausdruckstiefe erreicht.

Die greift Dirigent Morten Schuldt-Jensen im Konzert für Flöte und Harfe auf. Der Entschluss, auch auf modernen Instrumenten weitestgehend ohne Vibrato zu spielen, erzeugt ungewohnte, intensive Klangerlebnisse. Schuldt-Jensen kostet die Dissonanzen aus, lässt das Kammerorchester lustvoll seiner durchdachten Interpretation folgen. Keine Begleitfigur verliert sich in Beiläufigkeit. Alles fügt sich, überrascht, lässt erstaunt aufhorchen.

Heike Bronn

© Leipziger Volkszeitung, Donnerstag, 16. Februar 2006

Die Meistersinger von Nürnberg

22. Mai 2007

Richard Wagner,
Die Meistersinger von Nürnberg.

Konzertante Aufführung.

Mendelssohn-Orchester
Leipziger Universitätschor
Dirigent: David Timm

Wolf-Matthias Friedrich, Bass (Hans Sachs)
James Moellenhoff, Bass (Veit Pogner)
Dietrich Greve, Bariton (Sixtus Beckmesser)
Matthias Aeberhard, Tenor (Walther von Stolzing)
Martin Petzold, Tenor (David)
Nancy Gibson, Sopran (Eva)
Kathrin Göring, Mezzosopran (Magdalena)
Jürgen Kurth, Bariton (Fritz Kothner)
Christoph Rosenbaum, Tenor (Kunz Vogelsang)
Stephan Heinemann, Bass (Konrad Nachtigall)
Nico Eckert, Tenor (Balthasar Zorn)
Yves Hemann, Tenor (Ulrich Eisslinger)
Andreas Rainer, Tenor (Augustin Moser)
Milko Milev, Bariton (Hermann Ortel)
Dirk Schmidt, Bass (Hans Schwarz)
Thomas Oertel-Gormanns, Bariton (Hans Foltz, Nachtwächter)

Eine Gemeinschaftsveranstaltung von
Kunst und Justiz im Bundesverwaltungsgericht e.V.
und Richard Wagner Gesellschaft Leipzig 2013 e.V.

Konzert im Rahmen der
Wagner Festtage Leipzig 2007 und der
VII. Leipziger Universitätsmusiktage „Leipziger Romantik“

Russische Klassik

9. Mai 2007

Kammerphilharmonie Leipzig
Dirigent: Michael Köhler

Igor Gryshyn (Klavier)
Maria Döhler (Trompete)

Russische Klassik

Sergej Prokofjew,
Ouverture über hebräische Themen op.34

Dimitri Schostakowitsch,
Konzert für Klavier und Trompete op.35

Igor Strawinski,
Octuor

Peter Tschaikowski,
Serenade für Streichorchester op.48

Eine Gemeinschaftsproduktion mit der
Hochschule für Musik und Theater
„Felix Mendelssohn Bartholdy“

Neujahrskonzert

20./21. Januar 2007

Leipziger Barockorchester
Violine und Leitung:
Konstanze Beyer

David Timm (Hammerflügel)
Robert Schröter (Cembalo)

Neujahrskonzert:

Johann Christian Bach,
Symphonie D-dur op. 3 Nr. 1

Wolfgang Amadeus Mozart,
Klavierkonzert Nr. 9 Es-dur KV 271 „Jeunehomme“

Johann Sebastian Bach,
Cembalokonzert D-dur BWV 1054

Johann Sebastian Bach,
Brandenburgisches Konzert Nr. 4 G-dur BWV 1049

Adventskonzert

6. Dezember 2006

Leipziger Barockorchester
Violine und Leitung:
Konstanze Beyer

Calmus Ensemble Leipzig

Adventskonzert:

Orlando di Lasso, Officium Natale Christi LV 530

Wolfgang Amadeus Mozart, Kirchensonate Nr. 10
für Orgel, zwei Violinen und Continuo F-dur KV 244

Wolfgang Amadeus Mozart, Missa Brevis D-dur
für Singstimmen, zwei Violinen und Continuo KV 194

Wolfgang Amadeus Mozart, Kirchensonate Nr. 17
für Orgel, zwei Violinen und Continuo C-dur KV 336

Edvard Grieg, Weihnacht, aus: Lyrische Stücke op. 65 (Satz und Bearbeitung: Fredo Jung)

Peter Cornelius, Die Könige,
aus: Weihnachtslieder op. 8 Nr. 3

John Rutter, Nativity Carol

Wolfgang Amadeus Mozart, Kirchensonate Nr. 11
für Orgel, zwei Violinen und Continuo D-dur KV 245

Antonio Vivaldi, Concerto Madrigalesco
für Streicher und Basso continuo d-moll RV 129

Johann Sebastian Bach, Nun komm der Heiden Heiland, Eingangschor und Schlusschoral aus der Kantate BWV 61

Bundestheatergericht

29. November 2006

Strafkammer des Bundestheatergerichts

Berufsjuristen und Schauspieler aus Leipzig.
Eine Gemeinschaftsproduktion mit dem Schauspiel Leipzig und der Leipziger Juristischen Gesellschaft e.V.

Verhandlung
in Sachen
Adam, Dorfrichter,
Walter, Gerichtsrat,
wegen
„Der zerbrochne Krug“

Matinee der Meister

25. Juni 2006

Tomoko Takeshita (Klavier)

Matinee der Meister:

Johann Sebastian Bach,
Chromatische Fantasie und Fuge d-moll BWV 903

Wolfgang Amadeus Mozart,
Klaviersonate Nr. 12 F-dur KV 332

César Franck,
Prélude, choral et fugue h-moll FWV 21

Johannes Brahms,
Variationen und Fuge über ein Thema von Händel B-dur op. 24

Johannes Brahms,
Intermezzi op. 118 Nr. 2 A-dur

Bayreuther Hügelstürmer hautnah

Bayreuther Hügelstürmer hautnah

Gemeinhin zählt der „Fliegende Holländer“ zu den vergleichsweise weniger schweren Werken. Für Wagner-Verhältnisse! Aber die beiden Teile der Großpartitur sind schwer genug, um einen sonst stabilen Notenständer zumindest ins Wackeln zu bringen. Da schwant David Timm nichts Gutes, weiß er doch um die physische Gewalt, die so ein Wagner-Abend entwickeln kann. Dann den Holländer lieber doch im fliegenden Partiturenwechsel, notfalls ein paar Takte auswendig. Und es klappt.

Es ist ein denkwürdiges Ereignis, was am Wochenende in den Hallen des Bundesverwaltungsgerichts vollbracht wird. Nicht nur, dass hier Wagners erster ganz großer Wurf in der Urfassung von 1841 erklingt, sondern dass man es mit vereinten Kräften tatsächlich geschafft hat, den Bayreuther Hügelstürmer zu ganz neuen Qualitäten zu verhelfen. Teils aus Umstandszwang, teils durch beispielhafte Hingabe.

Denn in diesem Ambiente ist Wagner hautnah, schon fast kammermusikalisch. Jeder Ansatz, jeder Sturm, jedes Feuer wird unmittelbar greifbar, wie es der normale Operngraben nicht zulässt. Um solcher Intimität stand zu halten, reicht keine Telefonkapelle, sondern müssen erfahrene Überzeugungstäter ran. Die hat sich Timm aus Gewandhaus- und MDR-Orchester so zusammengestellt, dass sich trotz der Minimalbesetzung von der ersten Sekunde an ein wohliger Klangschwall entwickelt, der dem Wagnerianer einen Hauch von Glück beschert. Mittendrin statt nur dabei. Trotz oder gerade wegen eines mehrsekündigen Halls.

Bei so unmittelbarer Erlebbarkeit stört die fehlende Groß-Inszenierung nicht. Auch so passiert genug. Und: Kein Sänger muss vor Schreien rot anlaufen, um verstanden zu werden. Genau so wenig ist es selbstverständlich, dass es weder bei den stimmgewaltigen Chören von Universität und Vocalensemble, noch in der Solistenriege wesentliche Mängel gibt. Sicherlich kann man streiten, ob Wolf-Matthias Friedrich für den Titelpart nicht etwas zu dick aufträgt, aber Kraft hat sein Holländer. Ulrike Fulde gibt eine bisweilen scharfkantige, aber dann wieder samtene Senta, Martin Petzold den stimmlich zuverlässigen Steuermann, Klaudia Zeiner eine überzeugende Mary. Die anderen beiden haben noch die lustigen Uraufführungsnamen: Donald (alias Daland, entspannt und souverän: Jürgen Trekel) und Georg (alias Erik, bestimmt und dramatisch: Manfred Wulfert).

Musikalisch bietet diese Version tatsächlich Raueres und Eckigeres. Am eindringlichsten zum Schluss: kein Erlösungsmotiv, sondern rabiate Untergangsstimmung. Die hat Timm bestechend eingefangen und den Beweis erbracht, dass der größte deutsche Opernkomponist auch in der Bachstadt ein Anrecht auf höhere Weihen hat. Standing Ovations und glückliche Gesichter. Keine Frage, 2013 sollte der Leipziger Ring stehen.

Friedrich Pohl

© Leipziger Volkszeitung, Montag, 9. Mai 2005

Mit Wagner vor Gericht

Mit Wagner vor Gericht

Was hat er verbrochen? Für holprige Stabreime ist noch keiner eingesperrt worden. Auch Bayreuther Erbstreitigkeiten scheiden aus: Die werden in den Medien verhandelt. Warum also muss Richard Wagner vor Gericht?

Er muss ja gar nicht. Er darf. Denn dass das Foyer in Deutschlands schönstem Justizgebäude für eine konzertante Opernaufführung dient, ist absolut einmalig. Richter, die über Themen wie den Ausbau des Leipziger Flughafens entscheiden, wollen in ihrer Urteilsfindung üblicherweise nicht von „Johohoe!“ oder „Huissa!“ gestört werden. Deswegen hatte der Verein „Kunst und Justiz“ zunächst beim Gerichtspräsidenten eine Ausnahmegenehmigung zu erwirken.

Konzerte im holzverkleideten Großen Sitzungssaal in der ersten Etage sind hingegen keine Seltenheit. „Mittlerweile brauchen wir fast keine Werbung mehr zu machen. Die Leute fragen schon Wochen vorher nach“, erzählt der Vereinsvorsitzende, Bundesrichter Hartmut Albers (62). Dabei bestehe die Mischung sowohl in Publikum wie Verein aus jeweils drei Gruppen. 1. Richter, andere Hausangestellte und deren Bekannte. 2. Anwälte und Notare. 3. Schließlich musikinteressierte Bürger. „Das ist ja auch unsere Absicht: Wir möchten das Gebäude für die Öffentlichkeit zugänglich machen, Hemmschwellen abbauen.“

Anlässlich des Richard Wagner Kongresses soll es jetzt mal eine Nummer größer sein. „Die Idee, die Urfassung des ,Fliegenden Holländers‘ hier aufzuführen, stammt von David Timm, Uni-Musikdirektor. Der war als Cembalist im Leipziger Barockorchester schon beim allerersten Konzert im Jahr 2003 dabei“, erläutert Albers, während er gemeinsam mit seinem Kollegen und Stellvertreter Georg Herbert (58) demonstriert, in welchem Bereich der großzügigen Wandelhalle die 377-Plätze-Bestuhlung entsteht. Oben auf den Balustraden sollen in Stereo die Seefahrer aus Unichor und Leipziger Vokalensemble singen. Der Steinboden braucht noch einen überdimensionalen Belag, damit man nicht mit den Gesetzen der Akustik in Konflikt kommt.

Außerdem muss für das Mendelssohn-Orchester eine 7 mal 12 Meter große Bühne her. Die kommt direkt unter das nördliche Bleiglasfenster, das, an den beiden Abenden von außen angestrahlt, als stimmungsvolles Bühnenbild fungiert. „Die versteckten Anker und Seefahrtsmotive passen ja gut zum Sujet der Oper.“ Herbert erteilt sogar das Prädikat „Gesamtkunstwerk“. Schließlich werde weithin sichtbar auch der Portikus in ganz neuem Licht erscheinen.

Der Konzertbesuch ist also sicher keine Strafe. Und die erwarteten Kongressbesucher, Studenten, Richter, Anwälte und Bürger werden nicht zum Kommen verurteilt werden müssen. Man trifft sich ausnahmsweise mal ganz unverbindlich – mit „Wagner vor Gericht“.

Tobias Wolff

© Leipziger Volkszeitung, Montag, 2. Mai 2005

MozartMarathon – 250 Jahre Mozart

11./12. Februar 2006

Leipziger Kammerorchester
Dirigent:
Morten Schuldt-Jensen

Franz Vorraber (Klavier)
Wenzel Fuchs (Klarinette)
Anna Garzuly (Flöte)
Cornelia Smaczny (Harfe)
Victoria Frenzel (Sopran)

MozartMarathon:

Klavierkonzert Nr. 23 A-dur KV 488
Klarinettenkonzert A-dur KV 622
Oboenquartett F-dur KV 370
Klavierquartett Nr. 1 g-moll KV 478
Konzert für Flöte und Harfe C-dur KV 299
Fantasie für Klavier c-moll KV 475
Konzertarie „A questo seno – Or che il cielo“ KV 374
Serenade Nr. 12 c-moll für Bläser KV 388
Konzertarie „Vado, ma dove?“ KV 583
Sinfonie Nr. 41 C-dur „Jupiter“ KV 551

Neujahrskonzert

21./22. Januar 2006

Leipziger Barockorchester
Cantores Lipsienses
Cembalo und Leitung:
David Timm

Susanne Langner (Alt)

Neujahrskonzert:

Leopold Mozart, Sinfonie B-dur

Joseph Haydn, Konzert für Cembalo und Orchester G-dur Hob. VIII:4

Franz Xaver Mozart: Festchor für Soli, Doppelchor und Orchester anlässlich der Enthüllung des Mozart-Denkmals in Salzburg op. 30 (Neuinstrumentierung von Martin Krämer 2006)

Wolfgang Amadeus Mozart, Kyrie und Gloria aus:
Missa brevis G-dur KV 49

Wolfgang Amadeus Mozart, Arie „Marito io vorrei“ aus:
La finta semplice KV 51

Wolfgang Amadeus Mozart, Arie „Venga pur“ aus: Mitridate, Re di Ponto KV 87

Wolfgang Amadeus Mozart, Sinfonie G-dur KV 74

Adventskonzert

7. Dezember 2005

Leipziger Barockorchester
Violine und Leitung:
Konstanze Beyer

Reglint Bühler (Sopran)
David Erler (Altus)

Adventskonzert:

Konzert zur Erhaltung der historischen Bestände der Musikbibliothek Leipzig.

Georg Friedrich Händel, Sinfonia aus „The Messiah“ – Air „Who may abide the day of His coming“ (Alt) – Pifa – Air „Rejoice“ (Sopran)

Johann Christian Bach, Sinfonia für Streicher und Basso continuo F-dur

Johann Rosenmüller, Sonata à cinque d-moll

Luigi Battiferri, Ricercar à cinque Ricercar à sei

John Humphries, Concerto grosso Nr. 6 D-dur

Heinrich Ignaz Franz Biber, Serenata à cinque für Streicher und Basso continuo

Johann Kuhnau, „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen“ für Alt, zwei Violinen und Basso continuo

Antonio Vivaldi, Concerte per quattro violini, due alti e basso continuo

Georg Philipp Telemann, „Und das Wort ward Fleisch“ – Kantate für Sopran, Alt, Streicher und Basso continuo

Klassische Moderne

12. November 2005

Leipziger Kammerorchester
Dirigent: Morten Schuldt-Jensen

David Petersen (Fagott)
Peter Schurrock (Klarinette)
Ulf Lehmann (Trompete)

Klassische Moderne:

Richard Wagner,
Siegfried-Idyll E-dur WWV.103

Richard Strauss,
Duett-Concertino für Klarinette, Fagott und Streichorchester F-dur op. 147

Karl Amadeus Hartmann,
Sinfonie Nr. 4 für Streichorchester

Vagn Holmboe,
Konzert für Trompete und Orchester op. 44

Lesung Jürgen Holtz

9. November 2005

Jürgen Holtz
Schauspieler,
z. Zt. Berliner Ensemble und Nationaltheater Mannheim

Lesung

Franz Kafka,
Der Prozess

Kapitel 9: Im Dom
Kapitel 10: Ende

Der Keim des Kunstlieds

Der Keim des Kunstlieds

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts kommen Studenten nach Leipzig und singen in Kaffeehäusern bis tief in die Nacht hinein. Dabei entsteht die Liedersammlung „Singende Muse an der Pleiße“, herausgegeben von Johann Sigismund Scholze unter dem Pseudonym Sperontes.

Um die Jahrhundertmitte erfreuen sich seine studentischen Lieder großer Beliebtheit. Sie beschreiben das ausgelassene Leipziger Lebensgefühl, kreisen um Liebe und Wein, um Jagd und Natur, um die Segnungen des Junggesellenlebens und Lebenslust ganz allgemein. Ein riesiger Fundus origineller Texte und hinreißender Melodien. Und eigentlich der Keim dessen, was später als deutsches Kunstlied in die Musikgeschichte eingehen sollte.

Tenor Martin Petzold und Sopranistin Ulrike Staude haben sich mit Großmeister Simon Standage an der Violine, Ulrich Wedemeier mit Lauten und Gitarren, Ludger Rémy an Cembalo und Fortepiano und Thomas Fritzsch an der Gambe an dieser Sammlung gerieben und einen Querschnitt erarbeitet, der alle Nuancen dieser verspielten Liedkunst für den Hausgebrauch spiegelt.

Aufführungsort am Dienstagabend: der große Saal des Bundesverwaltungsgerichts. Das passt. Er liegt direkt an der Pleiße, und zwischen den holzverkleideten Wänden füllt die Musik auch atmosphärisch den Raum. Die mit sicherem Stilempfinden bedienten historischen Continuo-Instrumente sorgen für klangliche Abwechslung und für den Rest der komödiantisch begabte, inhaltlich seine Bögen spannende Petzold und die innig ungezierte Staude.

Die Aufführung ist ausverkauft, der Jubel erheblich. Und darum wird es im nächsten Jahr weitere Aufführungen geben.

Ilse Hagerer

© Leipziger Volkszeitung, Donnerstag, 11. August 2005

Lockere Lieder

Lauter laute Lieder zur Laute

Der Ärger hat Tradition. In Pfarrer Wolffs Revier rund um die Thomaskirche wurde schon im 18. Jahrhundert das „schändliche Sauffen, Tumultiren und Schreyen derer Studiosorum“ beklagt. Vor allem die „Schausereyen und Bacchanalien“ wurden beargwöhnt, zumal aus den Türen „Schand-Lieder nach der Geistlichen Lieder Melodeyen“ drangen. Auf der anderen Seite waren Kaffeehäuser und -gärten bevorzugte Auftrittsorte der ebenfalls studentischen Collegia musica.

Dass beide Seiten der Medaille nur gemeinsam glänzten, belegt die Liedersammlung „Singende Muse an der Pleiße“, vom Jura-Studenten Johann Sigismund Scholze zusammengetragen und 1736 unter dem Pseudonym Sperontes in Leipzig veröffentlicht. Die Sangeslust hat nachgelassen. Darum sollen in einem „Dokumentations- und Konzertprojekt“ die lockeren Lieder „auf Kosten der lustigen Gesellschaft“ wieder zu hören sein.

Im Sitzungssaal des Bundesverwaltungsgerichts wird heute die Wiege der Leipziger Orchesterkultur zum Schaukeln gebrach – mit Sopranistin Ulrike Staude und Tenor Martin Petzold. Ulrich Wedemeyer (Lauten und Gitarren), Thomas Fritzsch (Cello, Viola da Gamba, Basse de Violon), Ludger Rémy (Cembalo, Orgel, Fortepiano) und Simon Standage (Violine) begleiten diese konzertante Uraufführung auf historischen Instrumenten. Die Lieder besingen die Liebe, den Wein, die Jahreszeiten, den Fischfang oder das Junggesellentum und scheuen auch nicht galante Schäferpoesie.

Das „Sauffen, Schreyen und Tumultiren“ soll sich aber in Grenzen halten.

-nina

© Leipziger Volkszeitung, Dienstag, 9. August 2005

Happy Birthday, Herr Sperontes !

Happy Birthday, Herr Sperontes !

»Alles Bach, oder was?«, fragten wir in unserer letzten Ausgabe. >Nein, nicht alles, aber fast alles<, wird die Bach-Phalanx dröhnen. Doch glücklicherweise gibt es genügend Menschen, die sich von dem Gedröhn nicht beirren lassen und ihr Ohr immer wieder auch für all die Zwischen- und leiseren Töne schärfen, deren Zusammenklang erst die Musikstadt Leipzig ausmachen. Zu diesen Menschen gehört Thomas Fritzsch, 44, freiberuflicher Gambist und Spezialist für Musik des 17. und 18. Jahrhunderts. Schon vor längerer Zeit stieß der Absolvent der Leipziger Musikhochschule auf das Leipziger Liederbuch »Singende Muse an der Pleiße«, dessen Erstausgabe 1736 – also mitten in Bachs Leipziger Zeit – erschien und zu einem solchen »Bestseller« wurde, dass mehrere Auflagen und Fortsetzungen folgten.

Herausgeber der Sammlung war laut Titelblatt ein Herr Sperontes. Hinter dem Pseudonym verbarg sich ein Leipziger Jurist, Dichter und Musikliebhaber namens J. S. – nein, nicht Bach, sondern Scholze: Johann Sigismund Scholze. Dessen 300. Geburtstag am 20. März 2005 hat man in der Bach-seligen Pleißestadt ebenso wenig Beachtung zuteil werden lassen wie vor fünf Jahren seinem 250. Todestag am 28. September. Ja, er ist tatsächlich im selben Jahr wie Bach und genau zwei Monate nach diesem gestorben!

Höchste Zeit, sich seiner wieder zu erinnern. Schließlich hat sein Liederbuch, nachdem über ein halbes Jahrhundert lang kein vergleichbares Werk mehr erschienen war, zu einer Renaissance des Genres gerührt und es damit gleichsam vor dem Aussterben bewahrt. Denn zwischenzeitlich drohte es von den stark in Mode gekommenen Arien aus Opern und Kantaten völlig verdrängt zu werden.

Leipzig sang! In studentischen und in bürgerlichen Kreisen, in Kneipen und in Musiksalons wurden fortan die von Scholze auf Melodien zeitgenössischer Komponisten gedichteten Lieder gesungen. Und unter diesen Melodien finden sich, wie könnte es anders sein, auch welche von Johann Sebastian Bach. Thomas Fritzsch geht sogar so weit, aus diversen Indizien in Texten und Melodien der »Singenden Muse« wie auch mindestens einer Querverbindung zu Bachs berühmtem »Notenbüchlein« für seine Frau Anna Magdalena zu schließen, dass der Thomaskantor und der 20 Jahre jüngere Scholze sich nicht nur flüchtig gekannt haben müssen.

Seit zwei Jahren arbeitet Fritzsch nun zielstrebig auf eine Aufführung und CD-Einspielung der Lieder hin. Gemeinsam mit dem Cembalisten Ludger Rémy trifft er die Auswahl der Lieder und entwickelt mit ihm abwechslungsreiche Besetzungen mit verschiedenen Tasten und Streichinstrumenten, Gitarren und Lauten sowie zwei Singstimmen. »Die Aufführung dieser Werke darf nicht übermäßig verwissenschaftlicht werden, damit ihre Lebendigkeit erhalten bleibt«, erklärt Fritzsch. Wenn sie gemäß allen heute verfügbaren aufführungspraktischen Erkenntnissen musiziert würden, dann vermittelten sie viel vom damaligen Lebensgefühl.

Also sich fühlen wie ein Leipziger zur Bach-Zeit? Die Probe aufs Exempel kann am 9. August 2005 gemacht werden. Dann präsentieren Martin Petzold und Ulrike Staude (Gesang), Ulrich Wedemeier (Lauten und Gitarre), Simon Standage (Violine), Ludger Rémy und Thomas Fritzsch Lieder aus Sperontes‘ »Singender Muse«. Und zwar im Bundesverwaltungsgericht, also ganz in Pleißennähe!

Dirk Steiner

© Gewandhausmagazin Nr. 47, Sommer 2005

 

Blüthner-Preisträgerkonzert

19. Juni 2005

Romain Descharmes, Klavier
Son Lam Tran, Violoncello

Blüthner-Preisträgerkonzert:

Ludwig van Beethoven, Sonate für Klavier und Violoncello Nr. 3 A-dur op. 69

Claude Debussy, Sonate für Violoncello und Klavier d-moll

Sergej Rachmaninov, Sonate für Violoncello und Klavier
g-moll op. 19

Sergej Rachmaninov, Vocalise op. 34 Nr. 14

Sonderkonzert

6./7. Mai 2005

Mendelssohnorchester Leipzig
Leipziger Vocalensemble
Leipziger Universitätschor 

Kammersänger Jürgen Trekel, Bass (Donald)
Ulrike Fulde, Sopran (Senta)
Manfred Wulfert, Tenor (Georg)
Klaudia Zeiner, Alt (Mary)
Kammersänger Martin Petzold, Tenor (Steuermann)
Wolf-Matthias Friedrich, Bariton (Der Holländer)

Dirigent:
David Timm,
Universitätsmusikdirektor

Sonderkonzert:

Richard Wagner,
Der fliegende Holländer.
Urfassung von 1841

Konzertante Aufführung
in der Großen Halle
des Bundesverwaltungsgerichts

Sonderkonzert

6./7. Mai 2005

Mendelssohnorchester Leipzig
Leipziger Vocalensemble
Leipziger Universitätschor 

Kammersänger Jürgen Trekel, Bass (Donald)
Ulrike Fulde, Sopran (Senta)
Manfred Wulfert, Tenor (Georg)
Klaudia Zeiner, Alt (Mary)
Kammersänger Martin Petzold, Tenor (Steuermann)
Wolf-Matthias Friedrich, Bariton (Der Holländer)

Dirigent:
David Timm,
Universitätsmusikdirektor

Sonderkonzert:

Richard Wagner,
Der fliegende Holländer.
Urfassung von 1841

Konzertante Aufführung
in der Großen Halle
des Bundesverwaltungsgerichts

Neujahrskonzert

22./23. Januar 2005

Leipziger Barockorchester
Violine und Leitung:
Konstanze Beyer

Birger Radde (Tenor)
Eckhart Kuper (Hammerflügel)

Neujahrskonzert:

G. F. Händel, Wassermusik – Suite Nr. 1 F-dur

W. A. Mozart, „Si mostra la sorte“ KV 209,
„Con ossequio, con rispetto“ KV 210,
Konzertarien für Tenor und Orchester

W. A. Mozart, Klavierkonzert Nr. 6 B-dur KV 238

L. van Beethoven, Romanze F-dur für Violine und Orchester op. 50

Neujahrskonzert

22./23. Januar 2005

Leipziger Barockorchester
Violine und Leitung:
Konstanze Beyer

Birger Radde (Tenor)
Eckhart Kuper (Hammerflügel)

Neujahrskonzert:

G. F. Händel, Wassermusik – Suite Nr. 1 F-dur

W. A. Mozart, „Si mostra la sorte“ KV 209,
„Con ossequio, con rispetto“ KV 210,
Konzertarien für Tenor und Orchester

W. A. Mozart, Klavierkonzert Nr. 6 B-dur KV 238

L. van Beethoven, Romanze F-dur für Violine und Orchester op. 50